Modellprojekt „Die Kita als Lernort für Demokratie. Partizipation und Selbstbestimmung von Anfang an"

Ein Projekt von Haus Neuland

In einer Zeit, in der die Bedeutung von Demokratieförderung und Vielfalt zunehmend in den Mittelpunkt rückt, stellt das Modellprojekt „Die Kita als Lernort für Demokratie – Partizipation und Selbstbestimmung von Anfang an“ ein innovatives und wegweisendes Modell dar, Kitas auf dem Weg zu mehr Partizipation zu begleiten. Gefördert wird das Vorhaben im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ vom Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

 

Grundgedanke – Partizipation schon in der Kita einführen

Partizipation bedeutet „Teilhabe“ und meint im gesellschaftlichen Kontext die Beteiligung am gemeinschaftlichen Leben. Menschen sollen, wenn möglich in allen Entscheidungen, die sie selbst betreffen, einbezogen werden. Dieses Recht wird durch eine Reihe von Gesetzen gesichert. Kinder haben ebenso wie Erwachsene das Recht auf Beteiligung, unabhängig ihres Alters.
Die Kitas sind der erste öffentliche Raum, an dem sich Kinder regelmäßig aufhalten. Dementsprechend sind sie besonders gefragt, die Rechte des Kindes durchzusetzen und Kinder darin zu bestärken, sich über Missstände und Ungerechtigkeiten zu beschweren.

Kinder wachsen in Familien mit unterschiedlich stark ausgeprägten Beteiligungschancen auf. Um die Chancengleichheit zu wahren und alle Kinder gleichermaßen auf das Leben in der Demokratie vorzubereiten, ist es Aufgabe von Kitas, den Kindern beizubringen, dass es richtig und wichtig ist, sich an Entscheidungen zu beteiligen. Dazu muss die Kita ein demokratisches und partizipatives Umfeld sein. Diese „Partizipation von Anfang an“ erfüllt neben der Wahrung des Kinderrechts auch das gesellschaftliche Ziel, Kinder mit demokratischen Lebensweisen vertraut zu machen und so die demokratische Gesellschaft ganzheitlich und nachhaltig zu stärken.

 

Projektablauf, Zielsetzung und Gütesiegel

Während der fünfjährigen Projektlaufzeit werden 20 Kitas im Raum Ostwestfalen-Lippe individuell auf ihrem Weg zu mehr Partizipation in der Kita begleitet. Durch die langfristig angelegte Begleitung der Kita-Teams werden die Fachkräfte gestärkt, eigene Ideen einzubringen und auszuprobieren. In fünf Teamworkshops werden die Teams über je zwei Jahre begleitet. Besonderen Wert wird hier daraufgelegt, die Workshops partizipativ zu gestalten und auf die individuellen Bedarfe der Kita-Teams einzugehen.
Zusätzlich zu den Workshops werden zwei Fachkräfte aus jeder Kita in einer Zertifikatsfortbildung zur „Fachkraft für Partizipationsprozesse“ ausgebildet. Sie unterstützen den fortlaufenden Prozess nach Projektabschluss. Zudem wird zwischen den Modell-Kitas ein Netzwerk geschaffen, das den Austausch zwischen den Einrichtungen sichert.

Nach den zwei begleiteten Jahren haben die teilnehmenden Kitas die Möglichkeit, das Gütesiegel „Partizipative Kita OWL“ zu erwerben. Voraussetzung für den Erwerb ist eine erfolgreiche Teilnahme und sichtbare Fortschritte, insbesondere im Bereich Alltagspartizipation. Darüber hinaus müssen sich die Kitas durch ein mit dem ganzen Team entwickeltes Partizipationsmanifest selbst verpflichten, nachhaltige Strukturen für Partizipation in ihrer Einrichtung zu schaffen. Inhaltlich orientiert sich das Konzept des „Partizipationsmanifests“ an den Qualitätsstandards für Beteiligung von Kindern und Jugendlichen des BMFSFJ.

Die Kitas müssen bei der Entwicklung des Manifests die vielseitigen Bereiche von Partizipation in der Kita abdecken: von Partizipation im Team, über Beschwerdemöglichkeiten für Kinder bis hin zu Partizipation von Kindern bis drei Jahren.
Die im Projekt erarbeiteten Erkenntnisse und Methoden werden durch Online-Seminare, Fachtage, Broschüren, Social Media und die Projektwebseite an eine breite Öffentlichkeit von Fachkräften bundesweit weitergegeben. Darüber hinaus ist eine Methodensammlung entstanden, die von Kitas ausgeliehen werden kann. Ende 2024 werden alle Ergebnisse in einem Handbuch veröffentlicht.

 

Erkenntnisse und Feedback

Das Modellprojekt betont die Relevanz der Rolle der Pädagog*innen als Begleiter*innen und Unterstützer*innen im Partizipationsprozess. Eine offene, wertschätzende Haltung und die Bereitschaft, den Kindern zuzuhören, sind entscheidend, um Kindern echte Teilhabe zu ermöglichen.

Viele Modell-Kitas sind mit der Vorstellung ins Projekt gestartet, Partizipation nur durch institutionelle Formen wie Parlamente und Konferenzen etablieren zu können. Im Verlauf des Projektes zeigte sich jedoch, dass vor allem die Arbeit im Bereich Alltagspartizipation dazu beiträgt, Kinder jeden Alters und unabhängig ihres Entwicklungsstandes zu beteiligen. Dadurch entstanden in den unterschiedlichen Modell-Kitas neue Beteiligungsspielräume für Kinder in den verschiedensten Bereichen (Kleidung, Essen, Schlafen u.v.m.). Besonders hervorzuheben ist die neu gewonnene Selbstwirksamkeit von Kindern bezogen auf Konflikttransformation mit ihren Peers. So konnte zum Beispiel in einer Modell-Kita der Konflikt um das beliebte Kettcar gelöst werden. Die Kinder entwickelten als Lösung eigenständig eine Haltestelle, an der alle Kinder, die mit dem Fahrzeug fahren möchten, warten und sich untereinander nach drei Runden selbstgesteuert ablösen.

Im Projektverlauf zeigte sich zudem, dass eine enge praxisnahe Zusammenarbeit mit den Teams zu entscheidenden und wirksamen Veränderungen in Kita beitragen. Nur wenn Fachkräfte für das Thema Partizipation in der Kita selbst partizipativ in den Prozess eingebunden werden, können nachhaltige Strukturen entstehen und die Kita zum demokratischen Ort werden. Es ist daher besonders wichtig, dass Kitas die Möglichkeit haben, externe Unterstützung zu erhalten. Im Projekt wurde deutlich, dass Aushandlungsprozesse in den Teams geübt und moderiert werden müssen. Dafür müssen auch im Team partizipative Strukturen etabliert werden.

„Alle Mitarbeitenden ziehen nach dem Projekt mit und sind positiv gegenüber Partizipation und Demokratie eingestellt. Eltern sind zufrieden und begeistert von unserem neuen Konzept. Die Kinder sind ausgeglichen und selbstbewusst. Sie fordern ihre Rechte ein und beteiligen sich an der Ausgestaltung des Kita-Alltags“

Eine wichtige Erkenntnis aus dem Projekt ist, dass vor allem strukturelle Probleme wie Personalmangel und fehlende zeitliche Kapazitäten Adultismus, Grenzüberschreitungen und Fremdbestimmung in Kitas begünstigen. Um das Recht der Kinder auf Partizipation in Kita umsetzen zu können, braucht es auf Landes- und Bundesebene einen strukturellen Rahmen für Kitas sowie mehr Sensibilisierung der Fachkräfte für das Recht auf Mitbestimmung.

Interessierte können sich bei Fragen zum Modellprojekt an das Projektteam wenden. Weitere Informationen hierzu finden Sie unter www.partizipation-kita.de/kontakt.

©Haus Neuland e. V.

Kontakt

partizipation.kita(at)haus-neuland.de
T 05205 91 26 66

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